Nelly Bütikofer aus Rapperswil-Jona hat eine Ausbildung in klassischem Tanz und arbeitet seit vielen Jahren als Tänzerin, Choreografin und Regisseurin. Sie gehört zu den Pionierinnen der freien Tanzszene in der Schweiz. Ihre Performances kommen stets leicht und ausdruckstark daher und lassen Raum für verschiedene Interpretationen. Ihre Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet. Im Folgenden wird auf zwei Darbietungen eingegangen: Die Performance Wir könnten fliegen wollten wir ist im Oktober 2021 nach einer Tour durch verschiedene Schweizer Städte zu Ende gegangen. sichtbar – unsichtbar wurde nach der Erstaufführung im Frühling coronabedingt ausgesetzt und im Herbst 2021 wieder aufgenommen. Am 10. Dezember 2021 wird letztere Darbietung im Fabriktheater gezeigt.
«Wir könnten fliegen wollten wir»
Eine Tänzerin, zwei Tänzer, eine Sängerin, eine Schauspielerin und
ein Chor gehen zusammen ein Stück Weg, um sich diesem Wunsch, der als Aussage
formuliert ist, zu nähern. Zaghafte Bewegungen, suchende Blicke, eine teils
verzweifelte Suche und Ausprobieren dieser schmerzhaften Enge des menschlichen
Daseins. Denn ja, fliegen können wir tatsächlich nicht.
Keine der MitspielerInnen weiss, wo die Reise hingeht – dies wird hinreissend
gespielt und vom Chor musikalisch getragen. Die TänzerInnen liegen auf dem
Boden, stehen wieder auf, tanzen kurz gemeinsam, begegnen sich zufällig bei
ihrem Rennen, Kriechen oder tänzerischen Bewegungen im Stehen. Wir im Publikum
suchen und fiebern mit und hoffen, dass die PerformerInnen bald von ihrer
fiebernden Suche erlöst werden.
Wofür steht all das? Vielleicht ist es der Gedanke, aktiver zu werden, mehr aus
sich selbst herauszugehen, mehr aus sich zu machen und auf diese Weise dem
Gegenüber mit mehr Offenheit zu begegnen. Wir tun es aber nicht, oder nur zum
Teil und bleiben daher klein, klein im Geben und klein im Sein. Das Stück
könnte dementsprechend als Kritik gelesen werden, doch bewahrt es eine positive
und glücklich machende Inszenierung, die durch die TänzerInnen stets leicht und
zuversichtlich verkörpert wird.
Die Performance wird begleitet vom Gesang eines Chors und einer Solistin. Musik
und Tanz verschmelzen zur Sprache. Die drei Genres gehen ineinander, verlieren
aber nicht ihre Charakteristik, denn wie schon im Untertitel des Stücks
angedeutet handelt es sich um «Eine Komposition für Arme, Beine und
Stimmbänder».
«sichtbar – unsichtbar»
In diesem Stück spielt Nelly Bütikofer selbst mit und wird dabei
von Irina Schönen begleitet, die die Texte dazu liest. Das Projekt ist
anlässlich des Jubiläums «50 Jahre Frauenstimmrecht Schweiz» entstanden und
hatte seine Erstaufführung am 9. März 2021 in Zürich.
In dieser Produktion, die von DOL&SOL, einer Arbeitsgruppe der GrossmütterRevolution, in
Auftrag gegeben wurde, werden durch Tanz und Musik verschiedene literarische
Texte miteinander verwoben, in Szene gesetzt und dadurch sichtbar gemacht.
Nelly Bütikofer verwendet als literarische Vorlagen Texte der Schweizer
Schriftstellerinnen Lisa Elsässer, Daniela Huwyler, Judith Keller, Helen Meier,
der österreichischen Lyrikerin Friederike Mayröcker sowie des
deutsch-französischen Malers Hans Arp. Wir freuen uns sehr, dass wir die
Darbietung dem Publikum in Rapperswil-Jona zeigen können.
Wir möchten Frauen und ihrem künstlerischen Werk mehr Präsenz einräumen und ihr Schaffen sichtbarer gestalten. Dabei geht es in erster Linie um ihr Werk, welches in Form eines Porträts auf unserer Webseite beschrieben und interpretiert wird. Ab Januar 2024 hat das bestehende Format «Frauen der Künste» eine Ausweitung auf den Bereich der Wissenschaften erfahren. Den neusten Beitrag zu «Frauen der Künste und der Wissenschaften» präsentieren wir am ersten Freitag des Monats im Newsletter und auf unserer Webseite.