Frauen der Künste 

Sibylla Schwarz
Lyrikerin

Sibylla Schwarz (1621–1638)

© Max Baitinger – Reprodukt
© Max Baitinger – Reprodukt

Was passiert, wenn moderne Kunst auf barocke Dichtung trifft? Davon erzählt die Graphic Novel «Sibylla», die Max Baitinger zu Ehren des 400. Geburtstages der Lyrikerin Sibylla Schwarz herausgebracht hat. Auf einfühlsame Weise vermischt der Künstler Elemente von Sibyllas Leben und ihrer Poesie zu einem anspruchsvollen Gesamtkunstwerk. Baitinger legt Sibylla in seiner Graphic Novel keine Worte in den Mund, sondern lässt Zeilen aus ihrer eigenen Dichtung respektvoll als Zitate für sich sprechen. Auf diese Weise ergänzen sich Sibyllas barocke Dichtung mit seinen modernen Zeichnungen und schaffen einen ganz neuen Blick auf sie und ihre Poesie.

Baitinger macht es sich zur Aufgabe, die fast vergessene Lyrik der Dichterin und die junge Frau dahinter sichtbar zu machen. Obwohl sie nur siebzehn Jahre alt wurde, schrieb Sibylla zu Lebzeiten über zweihundert Sonette, die im 17. Jahrhundert nicht unbekannt waren. Als erste deutschsprachige Dichterin ihrer Zeit erhielt Sibylla Schwarz nach ihrem Tod eine eigene Werkausgabe.

Eines der Gedichte, welches die Graphic Novel aufgreift, ist Ein Gesang wider den Neid, das heute als eines der ersten kompromisslos feministischen Gedichte der Weltliteratur betrachtet wird. Stolz reiht sich Sibylla in diesem Gedicht in die Tradition von schreibenden Frauen ein, von denen sie ganze «achtundfünfzig» kennt und weist den Neid, der ihr als dichtende junge Frau entgegengebracht wird, von sich. «Gefällt dir nicht mein schlichtes Schreiben/Und meiner Feder edles Saft/So lass nur bald das Lesen bleiben/Eh dann es dir mehr Unruh schafft», schreibt sie an ihre Neider adressiert. Unter dem Ausdruck «Neid» fasst Sibylla alles Negative zusammen, womit sie in ihrem kurzen Leben konfrontiert wurde. Er steht neben der Missgunst ihrer Person gegenüber auch für eine zerstörerische Kraft, die mit dem Krieg und dem Tod in Verbindung steht. In der Graphic Novel «Sibylla» erscheint das vom Dreissigjährigen Krieg verursachte Leid als tobender Drache, der Städte in Schutt und Asche legt und auch das Landgut der Familie Schwarz in Frätow, ihr kleines Idyll auf Erden, verschlingt.

Frieden findet Sibylla in ihrer Kunst, ein Ort der Musen, der in ihren Augen ganz klar auch «dem weiblichen Geschlecht» jederzeit offensteht. In Baitingers Graphic Novel ist dieser Ort der Kunst ein antik anmutender Raum voller Ruhe und Schönheit, ein richtiges Idyll, das Sibylla Schutz vor der Realität des Krieges bietet. So ist es nicht verwunderlich, dass in dieser Sphäre auch das Unmögliche möglich werden kann. Die Kunst dient als Brücke zwischen den Zeiten und wird zu einem Ort, wo sich der Zeichner Max Baitinger und die Dichterin Sibylla Schwarz begegnen können.

Anmerkung zu den Zitaten: Alle Zitate des Gedichts Ein Gesang wider den Neid stammen aus dem Lyrikband Ich fliege Himmel an mit ungezähmten Pferden. Im ersten Zitat heisst es wortwörtlich «mein schlechtes Schreiben» – die moderne Übersetzung zu «schlicht», wie es im Lyrikband vorgeschlagen wird, wurde stillschweigend übernommen.

Bild Einstieg: www.commons.wikimedia.org

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Frauen der Künste und der Wissenschaften
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