«Fuck, Fuck, Freedom!», singen die beiden Frauen im Refrain. Sie sind hübsch angezogen. Die Künstlerin Jane Mumford trägt ein silbern schimmerndes Kleid mit Puff-Ärmelchen und einen glänzenden Haarreif mit Strass-Steinchen. Ihre Partnerin Lea Whitcher an der Gitarre ist in ein ebenso hübsches Tüllkleid gehüllt, darüber ein Jeansjäckchen.
Hach! So stellt man sich moderne Prinzessinnen vor. Aber irgendwie stimmt da
etwas ganz und gar nicht. Der Blick gleitet mit leichtem Unbehagen über die
zierliche, grossgewachsene Frau, die da auf der Bühne steht. Hat sie da eben
eine Whiskyflasche hinter ihrem Rücken versteckt? Und ist das Kleid
silberglänzend oder nicht vielmehr ehemals weiss und nun undefinierbar
angegraut? Und die zwei Pippi-Langstrumpf-Schwänzchen? Sind die etwa herzig?
Oder vielleicht doch etwas peinlich? Da hilft auch der entschlossene oder gar
leicht provokative Gesichtsausdruck nichts. Auch die Schminke ist eindeutig zu
dick aufgetragen. Und ist das … Nein, das kann nicht sein, oder? … Ein blutiger
Abdruck einer Hand auf dem Prinzessinnenkleid? … Gleich unterhalb der Brust?!?
Das Wort «Fuck» jedenfalls kommt mit einem klar akzentuierten «F» und mit einem
Lächeln daher. Dazu schrammt der Löffel übers Waschbrett.
Die beiden singen das Lied «Freedom». Es handelt vom schönen Paul, der vergebens um die Hand seiner Angebeteten anhält. Sie teilt ihm mit, dass sie noch so viel lernen muss und keine Zeit für eine Beziehung hat. Darauf jammert Paul: «Fuck Fuck Freedom» …
Den beiden Künstlerinnen von 9 Volt Nelly geht es um die Emanzipation der Frau, den Kampf der Geschlechter und unsere Gesellschaft ganz allgemein. Aktuell touren 9 Volt Nelly mit dem Programm «Bäng! Bäng! Bäng!» durch die Schweiz. Dabei schreien, stöhnen, rollen und springen Jane Mumford und Lea Whitcher auf der Bühne umher. Voller Körpereinsatz ist hier Programm. Das ist keine Stand-Up Comedy, bei der sich das Publikum entspannt in den Sitzen zurücklehnen und gepflegt amüsieren kann. Mit eindeutig zweideutigen Gesten, explosiven Lauten und viel Musik überschreiten die zwei Frauen regelmässig die Grenzen des guten Geschmacks und legen den Finger genussvoll in offene Wunden. Das, was wir nicht zu denken wagen, sprechen sie aus. Frechheit, weiblicher Charme, lauter Irrsinn und viel Intelligenz stehen den beiden gut. So verzeihen wir es ihnen auch, dass sie ziemlich unangenehme Fragen an unsere Gesellschaft stellen. Das Lachen bleibt sowohl den Männern als auch den Frauen im Publikum im Hals stecken. Das ist genau ihr Anliegen. Das ist moderne Gleichberechtigung in Aktion.
9 Volt Nelly zu Gast bei «Freitags Frauen», Freitag, 24. März 2023, 19.30, *ALTEFABRIK
Webseite der Künstlerinnen 9 Volt Nelly
Wir möchten Frauen und ihrem künstlerischen Werk mehr Präsenz einräumen und ihr Schaffen sichtbarer gestalten. Dabei geht es in erster Linie um ihr Werk, welches in Form eines Porträts auf unserer Webseite beschrieben und interpretiert wird. Ab Januar 2024 hat das bestehende Format «Frauen der Künste» eine Ausweitung auf den Bereich der Wissenschaften erfahren. Den neusten Beitrag zu «Frauen der Künste und der Wissenschaften» präsentieren wir am ersten Freitag des Monats im Newsletter und auf unserer Webseite.