Ein gestreifter Rock, eine weisse Bluse, zwei Perlenhalsketten. Dazu ein grosser Topf mit einem Stab zum Umrühren und vor den Füssen ein Totenschädel. Dies war die Bekleidung von Marian Anderson, als sie mit 57 Jahren als erste afro-amerikanische Frau die Mainstage der Metropolitan Opera in New York betrat. Sie spielte die Wahrsagerin Ulrica in Verdis «Un ballo in maschera».
Dies war aber nicht Andersons erster und einziger Erfolg. Ihre Karriere begann im Alter von sechs Jahren, als sie dem Kirchenchor ihrer Heimatstadt Philadelphia beitrat. Der Chor unterstützte Andersons Familie viele Jahre bei der Finanzierung der Gesangsstunden sowie später der High School. Diese besuchte Anderson erst im Alter von 18 Jahren, zuvor arbeitete sie als Hausangestellte, um der Familie finanziell unter die Arme zu greifen. Der Vater starb, als Anderson erst zwölf Jahre alt war. Die Mutter zog anschliessend mit ihren drei Töchtern zu den Grosseltern.
Andersons Gesangslehrer, Giuseppe Boghetti, meldete sie für den National Music League Wettbewerb an. Am 26. August 1925 setzte Marian Anderson sich gegen 300 Sängerinnen und Sänger durch und gewann als erste Afro-Amerikanerin ein Solo mit der New York Philharmonic. Zwei Jahre später entschied sich Anderson für ein Musikstudium in London. Dort lernte Anderson Sängerinnen und Sänger wie Paul Robeson, Josephine Baker und Alberta Hunter kennen. Anschliessend tourte sie weitere zehn Jahre durch Europa und lernte dabei Französisch und Deutsch. In Europa war Anderson sehr gefragt: Sie unternahm mehrere Tourneen durch Skandinavien, Mittel- wie auch Osteuropa. In ihrer zweiten Skandinavien-Tour 1931 sang Anderson 22 Konzerte in der Zeitspanne von einem Monat.
Trotz ihres Erfolgs war Andersons Weg als schwarze Künstlerin nicht ohne Hindernisse. Einer von Andersons bekanntesten Auftritten kam zustande, nachdem sie zuvor aus rassistischen Gründen an einer Performance gehindert worden war. Die «Töchter der amerikanischen Revolution», kurz DAR, untersagten es Anderson, in der Constitution Hall in Washington D.C. zu singen. Als die damalige First Lady Eleanor Roosevelt davon Wind bekam, trat sie aus Protest aus der DAR aus und lud Anderson ein, am Ostersonntag, dem 9. April 1939, ein Solo-Konzert auf den Treppen des Lincoln Memorial zu geben. Sie sang vor 75'000 Menschen vor Ort sowie Millionen, die zu Hause am Radio zuhörten.
1965, 10 Jahre nach Ihrem Debüt in der Metropolitan Opera, beendete Anderson ihre Karriere. Zuvor gab sie 1961 bei der Amtseinführung von John F. Kennedy die Nationalhymne zum Besten. 1963 sang sie beim March of Washington, einer grossen Demonstration der Bürgerrechtsbewegung. Im selben Jahr wurde sie mit der Presidential Medal of Freedom geehrt.
Am 8. April 2023 jährt sich Andersons Todestag zum dreissigsten Mal.
https://time.com/3652544/marian-anderson-civil-rights/ [letztes Abrufdatum: 16.03.23
She Persisted: Marian Anderson. Russell-Brown, Katheryn. Flint, Gillian.
https://www.german-way.com/notable-people/featured-bios/marian-anderson/ [letztes Abrufdatum: 28.03.23]
https://www.swr.de/swr2/musik-klassik/swr2-zeitwort-20200107-die-afroamerikanerin-anderson-singt-in-der-met-100.html [letztes Abrufdatum: 16.03.23]
Little Leaders: Mutige Frauen der Schwarzen Geschichte. Harrison, Vasthi.
https://www.pbs.org/wnet/americanmasters/marian-anderson-biography-and-timeline/20235/ [letztes Abrufdatum: 16.03.23]
Porträtbild Einstieg: Marian Anderson 1933, Dieses Foto stammt aus dem Atelier von Moise Benkow in Stockholm. Ein ähnliches Foto, das bei der gleichen Gelegenheit aufgenommen wurde, wurde für eine US-amerikanische Briefmarke 2005 verwendet. Quelle
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