Simone Lappert, geboren 1985 in Aarau, studierte Literarisches Schreiben am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. Sie ist Autorin, Präsidentin des Internationalen Lyrikfestivals Basel, Jurymitglied des Basler Lyrikpreises, gibt Prosa- und Lyrikworkshops für Jugendliche und Erwachsene und ist literarisch und performativ an diversen Kunstprojekten beteiligt. Ein Leben, das ganz der Literatur und dem Schreiben gewidmet scheint – und tatsächlich ist über Simone Lapperts Kindheit und Jugend, ihre Hobbies oder ihr Privatleben kaum etwas herauszufinden. Was sie umtreibt, das steht in ihren Büchern, und wollte man dies grob vereinfachend zusammenfassen, so könnte man sagen: Was Simone Lappert interessiert, sind Menschen – ihre Möglichkeiten, ihre Hindernisse, ihre Abgründe und ihr Umgang damit.
Auf zwei Romane, Wurfschatten (2014) und Der Sprung (2019), folgte 2022 als neustes Werk ein Gedichtband: längst fällige verwilderung. gedichte und gespinste versammelt auf 80 Seiten Gedichte aus zehn Jahren. Die Autorin, soviel immerhin verrät sie in Interviews, schreibt, seit sie lesen kann, die Lyrik ist für sie eine ständige Begleiterin, ein sicherer Ort, «wie ein Zelt im Vorgarten der Prosa». Stillstand und das Potential zur Veränderung sind zwei Themen, die in vielen dieser Gedichte angetönt werden. In widerspruch beispielsweise füttert das lyrische Ich Möwen mit Brot. Die letzten drei Verse lauten: «die flauschigen! sie wissen nicht, / dass mit der zeit nicht nur brote / nach innen verhärten». Aus einer solchen inneren – seelischen – Verhärtung folgt nicht selten eine Abschottung vor der Aussenwelt und den Mitmenschen. Inmitten den, zumindest teilweise, schwermütigen Zeilen finden sich auch Sätze zum Schmunzeln, wie beispielsweise das Gedicht metaphysik: «schau, sagst du, / es ist wie beim kühlschrank, / es gibt nur das, was da ist.»
Der Sprung, Simone Lapperts zweiter Roman, welcher sie 2019 einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machte, war sowohl für den Schweizer Buchpreis als auch für «Das Lieblingsbuch» des Deutschschweizer Buchhandels nominiert. Der Bruch mit dem Gewohnten, Normalen, Erstarrten steht hier ganz am Anfang der Geschichte: Eine Frau steht auf einem Dach und weigert sich, herunterzukommen. Diese Aktion bringt Bewegung in die Kleinstadt Thalbach und das Leben ihrer Bewohnerinnen und Bewohner, stellt ihren Alltag auf den Kopf und die «Normalität» in Frage. Zehn Figuren, ihre Lebensgeschichten und ihre Perspektiven auf das Geschehen werden im Roman porträtiert.
Simone Lappert beschreibt ihre Figuren und deren Sehnsüchte und Ängste mit viel Empathie. Der Ausbruch der Protagonistin aus der Normalität wirft ein Schlaglicht sowohl auf das Leben der übrigen Figuren als auch auf unsere Gesellschaft insgesamt. Über die Protagonistin selbst und ihre Motive erfährt man wenig, doch die Erschütterungen, die von ihrer Aktion als Epizentrum der Handlung ausgehen, erreichen alle Figuren in der einen oder anderen Weise. Diese Störung im gewohnten Lauf der Dinge ist es, die Simone Lappert interessiert, wie sie in einem Interview sagte – denn: «Gänzlich ungestört bleiben wir unter unseren Möglichkeiten.»
Auftritt von Simone Lappert und Martina Berther im
Rahmen von «Freitags Frauen», Fr, 20. Oktober 2023, 19.30 Uhr, *ALTEFABRIK
https://www.diogenes.ch/leser/blog/2019/08/simone-lappert-der-sprung-interview.html [abgerufen am 10.07.2023]
https://www.tagesanzeiger.ch/sie-zeigt-dass-lyrik-alles-andere-als-verstaubt-ist-540763403205 [abgerufen am 11.07.2023]
https://www.simonelappert.com/ [abgerufen am 11.07.2023]
https://magazin.nzz.ch/nzz-am-sonntag/kultur/simone-lappert-und-der-sog-der-sprache-ld.1671733 [abgerufen am 11.07.2023]
Wir möchten Frauen und ihrem künstlerischen Werk mehr Präsenz einräumen und ihr Schaffen sichtbarer gestalten. Dabei geht es in erster Linie um ihr Werk, welches in Form eines Porträts auf unserer Webseite beschrieben und interpretiert wird. Ab Januar 2024 hat das bestehende Format «Frauen der Künste» eine Ausweitung auf den Bereich der Wissenschaften erfahren. Den neusten Beitrag zu «Frauen der Künste und der Wissenschaften» präsentieren wir am ersten Freitag des Monats im Newsletter und auf unserer Webseite.