Wer ist Hedy Lamarr?
Klar ist, dass die 1914 in Wien geborene Hedwig Kiesler (wie sie damals noch hiess) nach ersten Filmrollen und einem Skandal wegen eines Nacktauftritts einen reichen Waffenfabrikanten heiratete, der mit dem faschistischen Italien und dem nationalsozialistischen Deutschland Geschäfte machte. Des Lebens in einem goldenen Käfig sowie der Eifersucht und des Kontrollwahns ihres Ehemannes überdrüssig, ergriff Hedwig Kiesler die Gelegenheit zur Flucht. Mit einem Schiff setzte sie nach Amerika über und gab sich den Namen Hedy Lamarr. Sie wurde in den späten 1930er- und 1940er-Jahren als glamouröser Filmstar in Hollywood bekannt, obwohl ihre schauspielerischen Leistungen umstritten waren. Während des Zweiten Weltkriegs entwickelte sie mit dem Musiker George Antheil eine Funksteuerung für Torpedos weiter, deren Signal nicht gestört werden konnte. Dieses technologische Verfahren, das die beiden zwar erfolgreich zum Patent anmeldeten, jedoch von der U.S. Navy nie eingesetzt wurde, kann als Vorläufer der heutigen Bluetooth-Technologie betrachtet werden. Nach langen Jahren, die sie zurückgezogen verbrachte, starb Hedy Lamarr 2000 in Florida.
Die Vielschichtigkeit von Hedy Lamarrs Leben und wohl auch ihrer Persönlichkeit widerspiegelt sich in drei Werken, die sich auf unterschiedliche Weise mit ihr – der sowohl «schönsten Frau der Welt» als auch autodidaktischen Erfinderin des Frequenzsprungverfahrens und Wegbereiterin der Bluetooth-Technologie – und ihrem Leben auseinandersetzen.
So wird sie in einem Sachbuch für Kinder, altersentsprechend vereinfacht und wohl auch beschönigend, als aufmerksames und wissbegieriges Mädchen dargestellt, das sich schon früh für Technik und Erfindungen interessierte. Nachdem sie sich als Filmstar einen Namen gemacht hatte, wurde sie durch ihren Erfindungsgeist und die von ihr mitentwickelte Funksteuerung bekannt. Sie schenkte ihre Erfindung dem amerikanischen Militär, um den Kampf gegen die Nazis zu unterstützen. Sie, die kleine Hedy, habe immer schon mehr erreicht, als ihr zugetraut worden sei – ganz nach dem Motto der Buchreihe («Little People – Big Dreams»), in der diese Biographie erschienen ist.
Ganz anders ist die Akzentsetzung in einer Biografie einer Wiener Historikerin. Obwohl im Untertitel Hedy Lamarr als «Filmgöttin, Antifaschistin, Erfinderin» ausgewiesen ist, wird mit Ausnahme der «Filmgöttin» keine dieser Rollen überzeugend beleuchtet. Hedy Lamarrs divenhafte Persönlichkeit und ihr (sicherlich schillernder) Werdegang werden auf eine doch eher boshafte Weise trivialisiert und psychologisch fragwürdig gedeutet. Hedy Lamarrs Liebäugeln mit der eigenen Sexualität und Schönheit mag verbürgt sein, eine Affinität zu Mode und Geld wohl gegeben, doch gibt es sicherlich weitere Facetten ihrer faszinierenden Persönlichkeit, die mehr Aufmerksamkeit verdienten: ihre Nähe zur Macht und Mächtigen, ihre Weltgewandtheit und ihr Engagement für die Alliierten, um das Frequenzsprungverfahren weiterzuentwickeln.
Eine weitere Perspektive wird in einem Roman gewählt, in dem Hedy Lamarrs Werdegang auf eher pathetische und unkritische Weise literarisch nachgezeichnet wird. Der Fokus liegt darin auf ihrer Ehe mit dem Waffenfabrikanten Fritz Mandl und den nachfolgenden ersten Jahren in den USA, bevor sie mit George Antheil besagte Erfindung tätigt, die von der U.S. Navy jedoch abgelehnt wurde.
Wer also ist Hedy Lamarr?
Wir möchten Frauen und ihrem künstlerischen Werk mehr Präsenz einräumen und ihr Schaffen sichtbarer gestalten. Dabei geht es in erster Linie um ihr Werk, welches in Form eines Porträts auf unserer Webseite beschrieben und interpretiert wird. Ab Januar 2024 hat das bestehende Format «Frauen der Künste» eine Ausweitung auf den Bereich der Wissenschaften erfahren. Den neusten Beitrag zu «Frauen der Künste und der Wissenschaften» präsentieren wir am ersten Freitag des Monats im Newsletter und auf unserer Webseite.