Rund 10.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus über 100 Ländern haben sich in der Nähe von Genf zusammengefunden, um das fehlende Puzzleteil zu finden, das uns die entscheidenden Antworten auf die Frage liefert, wie das Universum nach dem Big Bang entstand und heute funktioniert. Das Rennen um den Nachweis des «Gottesteilchens» oder des «Higgs-Bosons» nahm mit dem Mammutexperiment im gigantischen Teilchenbeschleuniger des CERN Fahrt auf – fast fünf Jahrzehnte nach Peter Higgs’ bahnbrechender Vorhersage. Im Epizentrum dieser historischen Entdeckung stand Dr. Fabiola Gianotti, die 2012 eine Schlüsselrolle spielte und damit unser Verständnis des Kosmos für immer veränderte.
Zu diesem Zeitpunkt stand Fabiola Gianotti, die 1960 in Rom geboren wurde, an der Spitze des ATLAS-Experiments – eines der beiden revolutionären Hauptexperimente am Large Hadron Collider (LHC), einem 27 Kilometer langen, ringförmigen Tunnel, der 100 Meter unter der Erde verborgen liegt und mehr Metall enthält als der Eiffelturm. Als Projektleiterin leitete sie an die tausend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und spielte eine zentrale Rolle in der Analyse der gewaltigen Datenmengen, die aus den Kollisionen nahezu lichtschneller Teilchen gewonnen wurden. Mit unermüdlicher Präzision und wissenschaftlicher Brillanz trug sie massgeblich dazu bei, das legendäre Higgs-Teilchen aus dem Rauschen der Daten herauszufiltern.
Daraus resultierend blickte die ganze Welt vor 13 Jahren auf Dr. Fabiola Gianotti in einem überfüllten Hörsaal, wo sie vor laufenden Kameras gemeinsam mit einem Kollegen eine der bedeutendsten Entdeckungen der modernen Physik verkündete: Den Nachweis des lang gesuchten Higgs-Teilchens. Ihre entscheidende Rolle bei der Entdeckung des Higgs-Teilchens ebnete den Weg für eine historische Ernennung: 2016 wurde sie die erste Frau an der Spitze des CERN. Seither treibt sie wegweisende Fortschritte in der Hochenergiephysik voran und gestaltet die Zukunft der Teilchenforschung massgeblich mit. Ein weiteres Novum folgte: Als erste Generaldirektorin in der Geschichte des CERN wurde sie für eine zweite volle Amtszeit bestätigt – ein eindrucksvoller Beweis für ihre wissenschaftliche Exzellenz und visionäre Führungsstärke.
Gianotti hat sich mit beeindruckender Entschlossenheit durch zahllose Hürden gekämpft, um in einer von Männern dominierten Welt der Wissenschaft zu brillieren. In der europäischen Forschungsgemeinschaft, in der auf jede Frau zwei Männer folgen, stach sie nicht nur hervor – sie bahnte sich ihren eigenen Weg. Beim ATLAS-Projekt waren nur zwanzig Prozent des Teams Frauen. Dennoch übernahm Gianotti 2012 die Leitung von zwei der anspruchsvollsten und visionärsten Experimente am CERN. Ihre Reise begann jedoch in einer ganz anderen Welt: Nach einem Studium der Geisteswissenschaften in Musik und Philosophie, das ihre intellektuelle Neugier auf weitreichende Weise prägte, promovierte sie in Teilchenphysik an der Universität Mailand. Dr. Fabiola Gianotti hat mit ihrer Entdeckung des Higgs-Bosons und ihrem unermüdlichen Einsatz die Teilchenforschung revolutioniert. Sie ist nicht nur eine der führenden Köpfe hinter dem grössten wissenschaftlichen Durchbruch der modernen Physik, sondern auch eine Inspiration für eine neue Generation von Wissenschaftlerinnen.
Stadtbibliothek Rapperswil- Jona, Jasmina Barbato
Die Stadtbibliothek Rapperswil-Jona möchte bekannten und weniger bekannten Frauen und ihrem Werk mehr Sichtbarkeit verleihen. Das künstlerische und wissenschaftliche Schaffen dieser Frauen wird monatlich in Form eines Porträts gewürdigt. Nachdem sich die Beiträge zu Beginn auf Frauen aus dem Bereich der Kunst konzentrierten, werden seit 2024 auch Persönlichkeiten aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen in den Blick genommen.
Das aktuellste Porträt der Reihe «Frauen der Künste und der Wissenschaften» finden Sie immer am ersten Freitag des Monats im Newsletter und fortlaufend auf unserer Webseite.
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