Von Adam Schwarz
Belletristik Erwachsene
Kathrin muss geschäftlich nach Tokio und nutzt wegen ihrer Flugangst die Gelegenheit zu einer Kreuzfahrt. Ihr Partner Léon begleitet sie. Weil man das eben so macht, wenn man zusammen ist. So richtig Lust hat er nicht. Er sieht die Reise als letzte Chance, die Beziehung zu retten. Obwohl Kathrin eine Familie gründen will, verschweigt er ihr seine Unfruchtbarkeit. Léon lässt sich treiben – so wie das Schiff auf dem Meer. Oder wie die Gesellschaft in einer leicht fortgeschrittenen Zeit, in der die arktischen Temperaturen bereits bei 18 Grad liegen, die Gäste sich von Analogfisch ernähren und die Palmen an Deck der «Jane Grey» aus Plastik sind.
Als Kathrin nach einem Streit nicht aufzufinden ist, zieht sich Léon zunächst zurück. Er übernachtet auf einer Mannschaftskoje und dringt so immer weiter ins Schiffsinnere vor. Den ganzen Tag isoliert sich Léon von der Aussenwelt und verschliesst sich vor der Realität. Von Selbstmitleid befallen, schleppt er sich zurück an die Oberfläche. Auf der Suche nach seiner Freundin droht er sich selbst zu verlieren. Der Ozeanriese wird zum Gefängnis, die Situation immer beklemmender. Als er jedoch einen entscheidenden Hinweis zu Kathrins Verschwinden erhält, scheint er einer Sekte auf der Spur zu sein. Er ist fest entschlossen, Kathrin zu finden. Entweder um einen Neuanfang zu wagen oder um einen endgültigen Schlussstrich zu ziehen.
Der Roman ist gespickt mit gezielt eingesetzten Wörtern, die Assoziationen auslösen, scheinbar beiläufig auftauchen und interpretierbar sind. So auch der Titel des Buches. «Glitsch» steht für einen Fehler in einem Computerspiel, wenn sich Risse in der Spielwirklichkeit auftun und wird sogleich mit «glitschig» verbunden. Auch wenn der Klimawandel für die Geschichte nicht relevant ist, unterstreicht er die unausweichliche Krise. Ein tiefsinniger Roman mit schwarzem Humor, welcher leicht zu lesen ist. «Glitsch» wurde 2023 für den Schweizer Buchpreis nominiert.